Verein, Top3, Top7 | Dienstag, 04. Oktober 2016

„Wir wollen mit der U19 schnell aufsteigen!“

Lok-Nachwuchskoordinator Jörg Seydler im Interview

Beim 1. FC Lok wird in alter Probstheidaer Tradition wieder verstärkt auf den Nachwuchs gesetzt. Im BRUNO-Interview spricht Nachwuchskoordinator Jörg Seydler über Veränderungen, schwere Zeiten und positive Entwicklungen.

Herr Seydler, im Leipziger Nachwuchsfußball kennen Sie sich bestens aus. Was sind die größten Veränderungen der vergangenen Jahrzehnte?
In den 1990ern gab es nur wenige Vereine, die eine leistungsorientierte Nachwuchsarbeit gemacht haben. Neben den Leistungszentren waren das unter anderen der FC Grimma, der FC Eilenburg, und die SG Rotation Leipzig 1950. Das hat sich enorm geändert. Es gibt jetzt viele Vereine, die auf hohem Niveau ausbilden und wenn die Rahmenbedingungen stimmen, können diese Vereine im Nachwuchs in den höchsten Ligen spielen, unabhängig von der Spielklasse der 1. Herren.

Auch im Leipziger Fußball hat sich viel getan. So wurde die Fairplay Liga eingeführt und neue Spielsysteme installiert. All dies führt zu einer besseren Ausbildung im Nachwuchsbereich.

Als Fußballer kann man richtig reich werden, allerdings ist der Weg dorthin kein Spaziergang. Fehlt vielen jungen Menschen heutzutage die Motivation, sich durchzukämpfen?
Es war schon immer so, dass das Talent allein nicht ausreicht. Um in den Profibereich zu kommen, muss man seine Ziele ehrgeizig verfolgen und auch Entbehrungen auf sich nehmen. Das beste Beispiel für mich ist Marco Rose (Ex-Lok/VfB-Spieler und -Trainer/d.Red.). Er war vielleicht nicht der talentierteste, aber er hatte einen unbändigen Ehrgeiz und eine sehr gute Einstellung. Er hat es als Bundesligaspieler geschafft.  Natürlich ist es für die heutige Generation schwerer, seine Ziele so zu verfolgen, da es auch außerhalb des Fußballs viel mehr Möglichkeiten gibt, sich zu verwirklichen, als früher. Aber Fußballprofi wird man nicht im Vorbeigehen!

Probstheida war Jahrzehnte der Leuchtturm der Nachwuchsarbeit in und um Leipzig. Was waren die größten Herausforderungen beim Umbruch vom VfB zum 1. FC Lok 2003/2004?
Seit der Neugründung des 1. FC Lok Leipzig gab es zwei entscheidende Situationen. Zuerst galt es, den 1. FC Lok wieder im Nachwuchs zu etablieren, Mannschaften zu formieren und an den Leistungs­fußball heranzuführen. Ab dem Spieljahr 2009/10 verließen uns immer wieder die besten Spieler. Viele in Richtung RB. Die Folge war auch der Abstieg aus der Regional­liga. Es sind uns damals die Strukturen von heute auf morgen weggebrochen. Wir waren kaum konkurrenzfähig und von leistungssportlicher Ausbildung konnte keine Rede sein. Es fehlte uns einfach die Qualität.

Rückblickend können wir sagen, dass wir heute sehr viel erreicht haben. Darauf können wir auch
stolz sein. Jetzt können und werden wir höhere Ziele im Nachwuchs anstreben.

Seit dieser Saison gibt es keine U23 mehr. Welche Herausforderungen bringt das mit sich?
Mit dem Wegfall der U23 stehen die A-Junioren mehr denn je ­im Fokus der öffentlichen Wahrnehmung. Die Trainer der 1. Herren schauen genau hin, welche Spieler es schaffen können. Die Zusammenarbeit zwischen dem Nachwuchs und der 1. Herren ist sehr gut. So tauschen wir uns ständig über die Spieler aus. Sie bekommen die Möglichkeit, sich im Training oder bei Freundschaftsspielen zu zeigen. Die Herausforderung ist es, die Spieler schneller an die Anforderungen im Männer­bereich heranzuführen.

Besonders bei der U19 ist im Sommer viel passiert. Was genau war das und wo soll der Weg für das Aushängeschild der Nachwuchsabteilung hinführen?
Wir hatten vor der Saison einen ganz kleinen Kader. Nach Analyse der Situation haben wir dies mit großem Aufwand korrigieren können. Uns ist es gelungen, einige gute Spieler an den 1. FC Lok Leipzig zu binden. So haben wir eine entwicklungsfähige Mannschaft beisammen. Ziel ist es, zeitnah mit der U19 in die Regional­liga aufsteigen.

Welche Hürden gibt es in der Nachwuchsarbeit für den 1. FC Lok als Verein, der Kicker in den Leistungssport bringen möchte?
Vordergründig müssen sich die Rahmenbedingungen verbessern, zum Beispiel die Mannschafts­kabinen im Großfeldbereich, Tore müssen neu angeschafft werden sowie Material zur Spielanalyse z.B. Videokamera, DVD-Player, Beamer für Wettkampf und Training. Aber an erster Stelle auf dieser Liste steht der Kunstrasenplatz.

Um von Internatsplätzen unabhängig zu werden, soll es künftig ein eigenes Konzept für die intensive Betreuung der Nachwuchskicker geben. Wie sieht das aus?
Wir wollen unseren Spielern die Möglichkeit geben, im Verein schulische Aufgaben zu lösen. So gibt es bei uns einen Raum, wo die Spieler ihre Hausaufgaben machen können. Dabei  werden sie zum Teil von unseren Trainern unterstützt. Wir wollen dies weiter ausbauen und sind mit Lehrern im Gespräch, damit wir Nachhilfe generell anbieten können. Was darüber hinaus noch möglich ist, wird geprüft.

Um in den höheren Ligen bestehen zu können, werden wir immer Spieler von außerhalb dazu holen müssen. Diese Unterbringung kann nur über eine Internat bzw. WG oder Gastfamilien gehen. Hier gilt es, für uns den richtigen Weg zu finden.

Was stimmt Sie positiv? Warum ist der 1. FC Lok in Sachen Nachwuchs gut aufgestellt?
Die Intensität der letzten Monate, mit der der Nachwuchs unterstützt wird, stimmt mich sehr positiv. So gibt es feste Ansprechpartner etwa im Sponsoring, die auch Ergebnisse liefern. Die Unterstützung ist von allen Seiten spürbar, vor allem von der Geschäftsführung und vom Präsidium.

Welchen Einfluss hat Ihrer Meinung nach das Regionalligateam auf die Nachwuchs-Fußballer?
Die Vorbildwirkung der Regionalligamannschaft ist sehr hoch. Die Spieler sehen, welche Qualität es braucht, um dort spielen zu können. Zwischen den 1. Herren und dem Nachwuchs gibt es Patenschaften, dies zeigt die enge Bindung zwischen den Teams.

Was haben Sie noch auf dem Herzen?
Ich möchte mich bei allen bedanken, die den Nachwuchs unterstützen. Nur dadurch ist es uns möglich, die Nachwuchsarbeit auf diesem Niveau durchzuführen!

 
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