Auf staatlicher Identitätssuche (1946 - 1965)

An Fußball verschwendete in den Monaten nach Kriegsende niemand einen Gedanke. Ferner verbot die sowjetische Besatzungsmacht im „Kontrollratsgesetz Nr. 2" ohnedem alle ehemaligen Sportvereine samt Traditionsnamen aufgrund ihrer Vergangenheit im Dritten Reich - aussichtslos auch eine etwaige Wiederbelebung des VfB Leipzig. Indes hingen die anstehenden Gründungen von neuen Vereinen an strengen Gesetzen. Aktive durften ausschließlich in Mannschaften spielen, die in ihrem Wohnbezirk ansässig waren. Der jeweilige Distrikt bestimmte gleichzeitig auch den Namen der Teams. Die SG Leipzig-Probstheida wurde in diesem Zuge von einstigen Fußballern und Repräsentanten des VfB wie zum Beispiel Gabriel, dem Torschützen des Pokalfinals von 1937, ins Leben gerufen. Zwei Jahre lang, bis in den Frühling 1948 hinein, war jener Beschluss unantastbar. Nach dessen Aufhebung stand die Premiere der so genannten „Ostzonenmeisterschaft" kurz bevor, wobei die SGP und ihre Nachfolger in den folgenden Austragungen nicht gerade Bäume ausrissen.

Labyrinthische Namens-Änderungen
Für wenige Monate lautete der neue Vereinsname dann BSG Erich Zeigner (nach dem ehemaligen Leipziger Oberbürgermeister), ehe die BSG Einheit Leipzig Ost immerhin ganze fünf Spielzeiten überdauerte. 1953 schaffte besagte Truppe endlich den Aufstieg in die DDR-Oberliga, hielt dann auch knapp die Klasse. Labyrinthisch eröffnete sich weiterhin die Orgie von „Neu-Taufen" des Vereins, da nach dem Klassenerhalt von ELO nunmehr der SC Rotation die bevorstehenden Aufgaben anzugehen vermochte. Nebenbei sei noch erwähnt, dass auch Chemie Leipzig eine frische Anrede zugeteilt bekam - SC Lokomotive Leipzig. Fortan schwitzten demnach zwei Leipziger Vertretungen Woche für Woche in der höchsten Liga des Landes. Ein Pokalsieg 1957 für den SC Lokomotive, Rotation ging durchweg leer aus - sehr wenig Ausbeute für die zweitgrößte Stadt des Landes.

Im Jahre 1963 sorgte dann wiederholt politische Entscheidungen für weitreichende Auswirkungen in der Leipziger Fußballlandschaft, begründet mit der wenig schmeichelhaften Zeit der Leipziger Teams in den 50ern. „Leistungszentrum" lautet das neue Zauberwort. Die Sportobrigkeit verlangte endlich positive Ergebnisse und war gewillt, dies mit aller Macht zu bewerkstelligen. Einfache Formel: Man picke das Tafelsilber von Rotation und Lok (hier besser gesagt, das, was von der alten Chemie-Meistermannschaft übrig blieb) heraus, kollektiviert es in der „Sektion Fußball" des SC Leipzig und verschenkt den „Rest von Leipzig" zur... genau - BSG Chemie. Aber! Behält die BSG weiterhin als zweites Leipziger Oberliga-Team, und fertig ist die Meistermannschaft. Wie Recht die Herren Funktionäre wenig später doch hatten mit ihrer These...

Derby-Niederlagen entscheiden die Meisterschaft 1964
So begab es sich, dass beispielsweise Henning Frenzel, Manfred "Männe" Geisler, Wolfram Löwe, Peter Gießner, Claus Pfeufer oder Karl Drößler beim SCL anheuerten, währenddessen Klaus Lisiewicz, Scherbath, Walter oder Behla für nichtig befunden in den Auenwald Richtung Leutzsch „abgeschoben" wurden, wo Alfred Kunze sich ihrer annahm. Das Ende ist bekannt - Chemie vollbrachte 1964 das viel zitierte „Wunder von Leipzig". Die eleganten Techniker des SCL fabrizierten einen ordentlichen dritten Tabellenplatz. Als besonders bitter, dazu noch entscheidenden in Sachen Meisterschaft, fielen die gepaarten Derby-Niederlagen (0:3; 1:2) im Zentralstadion zu Buche. Immerhin trugen selben Jahres vier SCL-Spieler - Weigang, Frenzel, Geisler, Engelhardt - (von insgesamt sieben Leipzigern im Aufgebot) entscheidend zum Gewinn der Bronzemedaille in Tokio (Olympische Spiele) bei.

 
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