Lok-Geschäftsführer Tom Franke packt vor dem Heimspiel gegen den SV Schott Jena an. Foto: Bernd Scharfe

Verein, Top3, Top7 | Montag, 30. November 2015

"Wir sind alle Repräsentanten des 1. FC Lok"

Aus dem BRUNO: Interview mit Geschäftsführer Tom Franke

Nachfolgend gibt es das Interview mit Lok-Geschäftsführer Tom Franke aus dem Stadionheft BRUNO vom 8. November 2015 gegen den FC Eisenach zum Nachlesen:

Seit Mai 2013 ist Tom Franke Geschäftsführer beim 1. FC Lok. In Sachen Nachwuchsarbeit ist er DER Experte in und um Probstheida. Als Siebenjähriger fing der Vater von zwei Söhnen 1988 beim FCL an. Später war er als Trainer tätig, kickte in der ersten Männermannschaft nach der Neugründung in der Saison 2004/2005 und ist ebenso lang schon in der Geschäftsstelle des Vereins tätig. Seit 1. Juli ist er auch sportlicher Leiter der Nachwuchsabteilung sowie des Breitensports.

 

Zu Beginn ist gleich ein Fazit von Ihnen gefragt: Wie hat sich die Nachwuchsabteilung beim 1. FC Lok seit dem Sommer 2004 bis heute entwickelt?

Zum Zeitpunkt der Insolvenz des VfB Leipzig war die Nachwuchsabteilung sportlich auf einem sehr hohen Niveau und aus meiner Sicht führend in Leipzig und Umgebung. Mit dem Übertritt der Mannschaften zum 1. FC Lokomotive Leipzig und den in der Folge wesentlich bescheideneren finanziellen Möglichkeiten wurde es für den Nachwuchs jedoch zunehmend schwieriger den hohen Ansprüchen gerecht zu werden. Insbesondere wurde es immer mühsamer unsere A- und B-Junioren in der Junioren-Regionalliga zu halten und leistungsstarke Spieler im Großfeldbereich nachhaltig an uns zu binden.

Seit dem Markteintritt von RasenBallsport 2009 hat sich diese Situation noch einmal drastisch verändert und auch für uns spürbar verschärft. Zahlreiche Leistungsträger haben den 1. FC Lok in der Folge in eben diese Richtung verlassen und nur wenige haben bisher den Weg zurück gefunden. Im Gegensatz zum FC Sachsen Leipzig konnten wir uns jedoch unter großen Anstrengungen in den letzten Jahren personell stabilisieren und sind heute quantitativ wieder sehr gut aufgestellt. Der Zulauf von interessierten Kindern und Jugendlichen hat dabei deutlich zugenommen. Seit diesem Sommer können wir beispielsweise wieder eine B2-Junioren-Mannschaft mit Spielern aus B- und C-Junioren im Spielbetrieb halten, die dann ab nächster Saison sogar als reine Jahrgangs-Mannschaft eine wichtige strategische Rolle im Großfeld spielen wird.

Dennoch ist es für uns nach wie vor ein sehr großer Kraftakt unter den derzeit herrschenden finanziellen, personellen und infrastrukturellen Rahmenbedingungen den gestiegenen und zukünftig weiter steigenden Anforderungen an eine nachhaltige und leistungsorientierte Nachwuchsausbildung gerecht zu werden.

Seit Jahrzehnten ist der VfB/1. FC Lok Leipzig für seine herausragende Nachwuchsarbeit bekannt. Damit wieder an die Erfolge frühererJahre angeknüpft werden kann, erarbeiten Sie ein Nachwuchskonzept. Erzählen Sie uns davon …

Der 1. FC Lokomotive Leipzig hat sich bereits seit vielen Jahren an den Vorgaben des Deutschen Fußball-Bundes orientiert und ein altersgerechtes sowie leistungsorientiertes Training für seine Nachwuchsspieler in allen Altersbereichen organisiert und durchgeführt. Allerdings fehlten teilweise verbindliche Vorgaben hinsichtlich der Art und Weise wie wir Fußball spielen wollen. Welche Spielidee wollen wir im Kern verfolgen? Was zeichnet uns dabei aus? Wir mussten gleichzeitig feststellen, dass die Leistungsfähigkeit unserer Nachwuchsspieler am Ende der A-Jugend zunehmend nicht mehr ausreicht um der 1. Herrenmannschaft regelmäßig junge Spieler zur Verfügung zu stellen. Die sportliche Schere ist hier mittlerweile leider zu groß und sollte die 1. Mannschaft den Aufstieg in die 4. Liga schaffen wird sich die Situation noch einmal verschärfen. Dem wollen wir entgegen wirken.

Am Anfang stand daher eine umfassende Analyse der aktuellen Situation im Verein und in der Nachwuchsabteilung. Im zweiten Schritt diskutierten wir darüber, welche Fähigkeiten und Fertigkeiten unsere Spieler beim Übergang in den Herrenbereich haben sollten, damit sie im Idealfall in der 3. Liga bestehen können. Wir sind in diesem Zusammenhang grundsätzlich davon überzeugt, dass sich Ausbildung und Erfolg nicht ausschließen sondern vielmehr bedingen. Je besser die Ausbildung durchgeführt wird, umso höher werden das erreichte Spielniveau und der Spielerfolg unserer Nachwuchsspieler sein. Um solch ein optimales Spielergebnis zu erreichen bedarf es unserer Meinung nach einer langfristig geplanten und ganzheitlichen Ausbildung. Wir stellen daher mit dem neuen Nachwuchskonzept den durch uns langfristig geplanten Umgang mit den uns anvertrauten jungen Menschen und ihrer ganzheitlichen Begleitung auf ihrem Weg zum erfolgreichen Leistungs- und Wettkampfsportler dar.

Dabei sollen die Werte des 1. FC Lokomotive Leipzig sowie die bedingungslose Identifikation mit dem Verein deutlich in den Vordergrund gerückt werden. Auf und neben dem Platz sind wir alle Repräsentanten des Vereins. Wir wollen hier stets ein positives Bild abgeben. Der Umgang untereinander, gegenüber dem sportlichen Gegner und seinen Anhängern sowie gegenüber den Unparteiischen soll aus diesem Grund zu jeder Zeit von Respekt geprägt sein.

Der Platzhirsch in und um Leipzig ist der 1. FC Lok für Nachwuchskicker nicht mehr. Welche Hürden gibt es?

Hier bedingen sich viele Faktoren. Für viele talentierte Nachwuchsspieler der Region waren wir nicht mehr der erste Ansprechpartner – wenn schon Leistungssport, dann doch bitte richtig und gleich zum Top-Verein. Hier müssen wir sehr viel Überzeugungsarbeit leisten, was uns aber immer besser gelingt. Da wir uns vor allem inhaltlich jederzeit auf hohem Niveau bewegen wollen, nimmt der Zulauf an jungen Talenten erfreulicherweise stetig zu. Dabei ist für uns allerdings das größte Problem, dass wir mit unserer C1 momentan nicht an der C-Junioren-Regionalliga teilnehmen dürfen. Die sportliche Qualifikation reicht dafür leider nicht aus.

Da wir über kein lizenziertes Nachwuchsleistungszentrum verfügen, müssen wir nachweisen, dass wir mit einer Eliteschule des Fußballs bzw. einer sportbetonten Schule kooperieren. Allerdings werden in Leipzig praktisch alle Plätze der Sportschulen durch Spieler von RasenBallsport in Anspruch genommen. Wir arbeiten hier bereits an alternativen Lösungen. Darüber hinaus müssen wir mit unseren A- und B-Junioren-Mannschaften mindestens am Spielbetrieb der Junioren-Regionalliga teilnehmen, was schwierig ist, wenn uns in der C-Jugend Leistungsträger mangels C-Junioren-Regionalliga verlassen. Und schließlich müssen wir eine bestimmte Anzahl an Auswahlspielern stellen, die an den DFB-Sichtungslagern der U15-Junioren teilgenommen haben. Die Landesauswahl wird aber ebenfalls von RasenBallsport und im weiteren Dynamo Dresden dominiert. Sobald ein Spieler des 1. FC Lok auch nur ansatzweise für die Landesauswahl interessant wird, wird es schwierig ihn im Verein zu halten. Aber auch zu diesem Themenkomplex gibt es bereits konstruktive Gespräche mit den Verantwortlichen der betroffenen Leistungszentren, die vom DFB moderiert werden. Wir sind daher froh, dass wir die Zusammenarbeit mit dem DFB und den lokalen Stützpunkten in den letzten Monaten deutlich ausgebaut haben und hoffen diesen Weg auch zukünftig noch weiter zu intensivieren.

Gibt es in den aktuellen Juniorenteams Spieler, die die FCL-Fans in ein paar Jahren im Bruno-Plache-Stadion anfeuern können?

Davon gehe ich aus, wobei eine Prognose im Nachwuchs immer schwierig ist. Damit der Sprung ins große Stadion gelingt, müssen viele Sachen wie Talent, Ehrgeiz, Familie, Schule und Gesundheit positiv zusammen wirken. Am Ende steht und fällt jedoch alles mit der Eigenmotivation der Spieler, ihrem unbedingten Willen sich weiter zu entwickeln und dem Leistungssport die notwendige Aufmerksamkeit zu widmen, die er benötigt.

Wenn das Aushängeschild des 1. FC Lok, also die Oberliga-Mannschaft, gute Leistungen bringt, freut das alle, die blau-gelbe Gefühle haben. Wie nehmen die Nachwuchskicker den momentanen Lauf wahr?

Vieles im Nachwuchs steht und fällt mit dem sportlichen Erfolg der 1. Mannschaft. Spielt die 1. Mannschaft erfolgreich, emotionalisiert das unsere Nachwuchsspieler wie jeden anderen auch und im Idealfall erhöht sich dadurch die Identifikation mit dem Verein. Erfolg macht sexy. Wir versuchen daher unseren Spielern permanent den Weg zur 1. Mannschaft aufzuzeigen. Da kommt es uns zu Gute, dass wir in Sichtweite der altehrwürdigen Holztribüne trainieren und spielen und dass sich im Bereich der D- bis F-Junioren jeweils zwei Spieler der 1. Mannschaft als Paten engagieren.

Der Wirtschaftsbeirat hat sich die Förderung des Nachwuchses auf die Fahnen geschrieben und schon viel auf die Beine gestellt. Wie läuft die Zusammenarbeit?

Wir tauschen uns regelmäßig aus und besprechen die zu lösenden Probleme. In erster Linie wollen wir gemeinsam mit unseren Sponsoren, Spendern und Eltern eine optimale Materialausstattung der Nachwuchsmannschaften sicherstellen. Aber auch die Finanzierung der Trainer und des Spielbetriebes sind immer wieder wichtige Themen. Wie schaffen wir es beispielsweise unsere Trainer bei der Trainerausbildung finanziell zu unterstützen? Flankiert werden unsere Bemühungen von einer wachsenden öffentlichen Darstellung unserer Mannschaften und Talente, die ebenfalls durch den Wirtschaftsbeirat forciert wird.

Was sind die kurzfristigen Ziele? Wir haben etwas davon gehört, dass eine Kooperation mit verschiedenen Schulen geplant ist. Was ist da dran?

Kurzfristig wollen wir zusammen mit unseren Nachwuchstrainern das neue sportliche Konzept fertigstellen und anschließend mit Leben füllen. Wir hoffen, dass wir zur Mitgliederversammlung am 4. Dezember bereits einige Eckpunkte vorstellen können. Darüber hinaus intensivieren wir unsere Zusammenarbeit mit der Kindervereinigung Leipzig. Mit deren Unterstützung wollen wir unsere Nachwuchstrainer schulen, pädagogisch noch sicherer mit den uns anvertrauten jungen Menschen umzugehen, Konflikte und Probleme zu erkennen und diese zielorientiert zu lösen. Hinsichtlich einer Schulkooperation sind wir in Gesprächen, die es unseren Spielern ermöglichen soll auch vormittags Trainingseinheiten mit unseren Nachwuchstrainern durchzuführen und gleichzeitig den normalen schulischen Anforderungen gerecht zu werden. Schließlich hoffen wir, dass unsere A-Junioren am Ende der Saison den Sprung in die Junioren-Regionalliga schaffen.

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