"Weniger meckern - mehr machen!"
Aus dem BRUNO: Die U15 des 1. FC Lok Leipzig
Aus dem Stadionheft BRUNO vom 4. Dezember gegen den Berliner AK:
Heute geht es um die U15 und das Trainerteam Martin Mauerer und Michél Wulf. Welche verbindende Anziehungskraft hat ein Praktikum bei der Loksche auf einen Oberpfälzer und ein Ost-Holsteiner? Was hat es mit einem Familienverein auf sich und warum braucht es keine elf Freunde? Wir haben nachgefragt.
Martin, Michèl ohne den Fußball wärt ihr euch wohl nie begegnet. Einer kommt aus dem Norden, einer aus dem Süden. Woher genau?
Mauerer: Ich komme aus dem Niemandsland des nördlichen Bayern. So richtig vom Dorf, zwischen Bayreuth und Weiden in der Oberpfalz.
Wulf: Mein Geburtsort Eutin liegt in der Nähe von Kiel. Später habe ich in Hamburg gelebt.
Fußball verbindet euch also. Wie seid ihr dazu gekommen?
Mauerer: Ich weiß nicht mehr genau, wie ich dazu gekommen bin. Ich habe schon immer gespielt. Zuerst zu Hause mit Freunden im Dorf gekickt, dann im Dorfverein gespielt. Dort ist der DFB auf mich aufmerksam geworden und ich trainierte im Stützpunkt. Dort wurde ich von der SpVgg Weiden angesprochen. In der B-Jugend spielte ich dann Bayern-Liga (Regionalliga in Sachsen/d.Red). Diesen Weg konnte ich aber nicht weiter verfolgen, weil ich ohne Schulwechsel das Training nicht realisieren konnte. Ich entschied mich für die Schule. Ich spielte dann in der A-Jugend/Herren des SV Kulmain in der Landesliga, bevor ich zur U23 des 1. FC Lok kam.
Wulf: Ich spielte bei Fortuna Bösdorf, bevor ich zum HSV - dritte Mannschaft - wechselte. Als ich hierher kam, spielte ich dann auch für die U23 von Lok.
Wie gelangen ein Oberpfälzer und ein Ost-Holsteiner nach Leipzig?
Mauerer: Durch das Studium. Ich wollte schon immer etwas mit Sport machen. Leipzig ist eine gute Adresse, die man auch bei mir zu Hause kennt. Hier ist es super. Es war früher Sportstützpunkt der DDR. So kam ich in die Sportwissenschaft rein und mein Studium ist in den Endzügen. Ich schreibe gerade an meiner Masterarbeit.
Wulf: Mich hat ein Praktikum, welches Lok angeboten hatte und ich für mein Studium des Sportmanagements benötigte, nach Leipzig gebracht. Ich war dann sechs Monate hier und es hat mir gefallen. Dann habe ich mehr und mehr Aufgaben im Verein übernommen. Jetzt arbeite ich mit dem Geschäftsführer Torsten Woitag und Nachwuchskoordinator Jörg Seydler zusammen, betreue auch die Nachwuchsleistungsdiagnostik und bin im Scouting aktiv. Und dann eben auch Co-Trainer der C1.
Martin, auf welchem Weg bist du zur Loksche gekommen?
Mauerer: Auch ich musste für das Studium ein Praktium machen. Es gab einen Aushang an der Uni und ich meldete mich bei Jörg Seydler. Nach einem Vorstellungsgespräch war ich Praktikant in der B1. Dann fragte ich an, ob ich bei der U23 mittrainieren könne und stieg dort in den Spielbetrieb ein. Ich wurde gefragt, ob ich nicht Lust hätte, bei Siggi Schulz Co-Trainer zu machen. In der Winterpause 2014 gab es ein kurzes Gespräch und dann einen Anruf an einem Sonntagabend von Herrn Seydler, ob ich mir vorstellen könne, die D2 zu trainieren. Am folgenden Mittwoch wurde ich vorgestellt und bin seither Trainer der 2002er.
Du trainierst die jetzige C1 schon seit drei Jahre, also im Übergang vom Kleinfeld ins Großfeld. Gib uns bitte einen kurzen Überblick, wie die C1 personell aufgestellt ist?
Die U15 ist eine durchgängig coole Truppe. Es macht Spaß mit ihnen zu arbeiten. Wir versuchen sehr viel, da es ja Richtung Leistungssport gehen soll. Wir sind auf einem guten Weg. Es ist uns gelungen, die Mannschaft im Kern zusammenzuhalten. Dieses Jahr haben wir aber vier Abgänge an die Leistungszentren gehabt: zwei zu RB, und jeweils ein Spieler zu Dynamo Dresden bzw. Erzgebirge Aue. Es kamen punktuelle Verstärkungen. Dabei sind Spieler, die zu uns kamen, weil es ihnen gefällt, welchen Zusammenhalt die Mannschaft hat. Ich sehe uns als „Familienverein“: Wir versuchen den Spielern Vertrauen zu geben, Zeit zu geben, sich zu entwickeln. Dass sie nicht das Gefühl haben, ich muss zum Training, muss Leistung bringen wie in anderen Vereinen. Wir versuchen gut und breit aufgestellt zu sein und die Spieler zu entwickeln. Dies ist auch der Kern meiner Arbeit - das Entwickeln!
Also wäre der Ansatz für die Zukunft ein Leistungszentrum mit dem Alleinstellungsmerkmal Familienverein?
Ich denke, dass das kein Alleinstellungsmerkmal sein kann. Die großen Vereine haben den Zusammenhalt auch als Kerngedanken. Aber das Vertrauen in einen Spieler, der besser werden kann, sich entwickeln kann, ohne ständig den Abgang vor Augen zu haben, hat etwas Familiäres. Durch harte Arbeit und Vertrauen werden die Jungs besser. Dadurch können sie noch mehr Spiele besser bestreiten. Er macht andere Vereine auf sich aufmerksam und kann weiter vorankommen. Im Moment, da müssen wir uns nichts vormachen, sind wir noch Abgabeverein. Aber je mehr wir Spieler entwickeln, desto schneller und höher kommen wir selbst und müssen nicht mehr so viele Akteure abgeben, weil wir in den selben Ligen spielen. Dann haben wir auch Argumente, die Spieler zu halten. Aber das familiäre Gefühl darf dabei nicht auf der Strecke bleiben.
Jeder Trainer hat eine Idee vom Fußballspielen. Was ist der Fußball, den du von deiner Mannschaft sehen möchtest?
Für mich ist es schön, wenn die Jungs den Ball haben: Ballbesitzfußball und das möglichst ohne lange Bälle. Ich will den Gegner immerzu beschäftigt sehen, egal in welcher Situation. Wir wollen den Ball haben. Bei einem Verlust wollen wir ihn sofort wieder zurück. Ich will 70 Minuten den Gegner beschäftigt sehen, so dass sie richtig platt sind. Wir wollen auch im Kopf immer hellwach sein, den Gegner immer belaufen, beackern. Ich möchte das Kurzpassspiel sehen, möchte das Spiel in die Breite gezogen wissen. Meine Spieler sollen zur Grundlinie kommen, sollen den Gegner durch Verlagerung beschäftigen, das offensive 1-gegen-1 suchen.
Bitte beurteile für uns die C-Junioren Landesliga und den aktuellen Stand in der Liga!
Die Jungs entwickeln sich prima. Auch wenn es leistungsmäßig, zum Teil pubertär bedingt, Schwankungen gibt, sehe ich die Umsetzung unseres Trainings. Dabei ist das Ergebnis erst einmal zweitrangig. Mir ist wichtig, dass die Jungs gut spielen, sich reinhauen. Das klappt z.Z. sehr gut. Mit einem Sieg im Nachholspiel können wir wieder auf Platz 1 gelangen. Die Jungs präsentieren sich und den Verein überaus positiv in der Liga. Letztendlich ist es wichtig, dass Spieler für die erste Mannschaft rauskommen. Die C-Jugend ist nur Durchgangsstation. Ob wir den Aufstieg schaffen oder nicht, ist für den Verein, für Nachfolgende interessant, für die Struktur des Vereins wichtig. Für mich und die Jungs steht die Weiterentwicklung im Fokus. Aber klar will man immer gewinnen, deshalb betreiben wir ja den Riesenaufwand.
Für mich ist aber wichtiger, wenn ich Videos von diesem und dem letzten Jahr vergleiche und die Fortschritte, die Entwicklung sehe. Dies freut mich mehr, als wenn man gegen Team X oder Y 7:2 gewinnt. Ich möchte nicht nur eine sportliche, sondern auch eine persönliche Entwicklung bewirken. Dies gehört mit dazu. Jeder Fußballer, egal welchen Alters, sollte auch außerhalb des Platzes den Sportsgeist in sich tragen. Man sollte am Verhalten erkennen: Hier ist einer, der ist sportlich aktiv, er trägt diesen Gedanken in sich. Es gibt einen guten Spruch: Man muss nicht 11 Freunde sein, aber unbedingt ein Team. Also Zusammenhalt und Vertrauen haben, auf den anderen bauen können, Verantwortung übernehmen.
Wenn du einen Wunsch frei hättest, welcher wäre das?
Es klingt doof: Das ist schwierig. Ich war noch in der schweren Zeit dabei. Jetzt ist vieles im Aufwind. Damals habe ich mir gewünscht: Weniger meckern, mehr machen.
Jeder kann soviel erreichen, wenn er sich selbst am Kragen packt und macht. Viele sagen, wir haben keinen Kunstrasen, haben dies nicht, haben das nicht. Ich kann es jetzt aber nicht ändern. Ich kann kein Leistungszentrum basteln. So schön das wäre, so schön das andere Vereine in der Stadt haben, aber wir müssen unten anfangen, ganz hart arbeiten. Dann kommt der Rest von alleine! Wenn man zuerst einmal selbst macht!