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Verein, Top3, Top7 | Mittwoch, 02. Dezember 2015

"Ich spüre extremes Vertrauen bei Lok"

Aus dem BRUNO: Interview mit Mittelfeldmotor Paul Schinke

Nachfolgend gibt es das Interview mit Paul Schinke aus dem Stadionheft BRUNO vom 22. November 2015 gegen den SV Schott Jena zum Nachlesen:

Paul Schinke kam im Jahr 2000 aus Delitzsch zum damaligen VfB und kickte fünf Jahre in Probstheida. Vor dieser Saison kehrte der inzwischen 24-Jährige zum 1. FC Lok zurück. Im Mittelfeld des Oberliga-Teams zieht er die Fäden, getroffen hat er auch schon. Im BRUNO spricht er über die Vergangenheit, die Gegenwart und seine Pläne beim FCL.

Hallo Paul! In einem guten Monat ist Weihnachten. Was sollte bei dir unterm Baum liegen und wie weit bist du schon in Sachen Geschenke-Besorgung?

Es gibt nur noch Kleinigkeiten. Ich feiere immer mit meinen Eltern zusammen. Aus dem Alter mit den großen Geschenken bin ich raus. Mit meiner Freundin habe ich ausgemacht, dass wir uns eigentlich nichts schenken, aber wie das eben so ist … (lacht) Ich haue dann immer meine Mama an. Die ist da die kreative. Ich frage sie einen Tag vor Weihnachten und dann geht’s noch mal in die Stadt.

Für den 1. FC Lok könnte es ein sehr besinnliches Fest auf dem ersten Rang der Oberliga-Tabelle werden. Woran liegt das?

Weil wir individuell eine gute Qualität haben, aber auch als Mannschaft ganz gut greifen. Am Anfang waren wir nicht zufrieden und die Fans auch nicht. Ich persönlich hatte leise Zweifel, ob wir das schaffen. Das Jena-Spiel haben wir dreckig gewonnen, nachdem wir uns in der Pause die Meinung gegeigt hatten. Das muss auch mal sein. Der Trainer war nur zwei Minuten in der Kabine. Danach lief es plötzlich. Gegen Inter und die Rudolstädter war das richtig souverän. Jetzt nutzen wir die Chancen auch eiskalt. Mit „Mali“ (Djamal Ziane/d.Red) haben wir einen Knipser, der die Dinger macht. Das macht viel aus. Mit jedem Spiel steigt auch unser Selbstvertrauen. Wir sind diejenigen, die das Spieltempo bestimmen. Und wenn wir merken, wir müssen eine Schippe drauflegen, dann machen wir das.

Als der Fünfjährige Paul Schinke 1996 bei Concordia Schenkenberg zum ersten Mal im Verein dem Ball hinterherjagte, wollte er Weltmeister werden? Oder war es ganz anders?

Ach naja. Das war alles durch meinen Vater gekommen. Er spielt dort noch heute bei den Alten Herren. Mit ihm war ich schon vor 1996 bei den Spielen von Schenkenberg. Die Weltmeisterschaft 1998 war das erste große Turnier, was ich mitbekommen habe. Mein Vater ist fußballbegeistert, meine ganze Familie ist es. Alles dreht sich um Fußball.

Von 2000 bis 2005 warst du in Probstheida und hast den Niedergang des VfB Leipzig erlebt. Was ist aus dieser Zeit noch präsent - positiv wie negativ?

Ich hatte Anlaufschwierigkeiten – das war immer so, egal wo ich hingekommen bin. Aber vom Dorfverein zum VfB war es schon ein extremer Sprung. Der VfB Leipzig war damals deutsche Spitze, hatte ein richtig gutes Nachwuchszentrum. 2003 hatten wir es beim Danone Cup (größtes D-Jugend-Turnier der Welt/d.Red) nach Paris zum Weltfinale geschafft, wie der ältere Jahrgang zuvor 2002. Henning Frenzel war damals mein Trainer beim Deutschland-Finale, als wir uns für Paris qualifizierten. In Frankreich war es Wahnsinn! Wir haben in einem großen Hotel gewohnt, gegen Teams aus anderen Ländern und vor 20.000 Leuten im Prinzenparkstadion gespielt. Dann waren da auch immer Hallenturniere mit Bundesliga-Mannschaften. Dort haben wir auch mal Borussia Dortmund und die Bayern rausgehauen.

Ich habe noch ein Jahr nach der VfB-Insolvenz bei Lok gespielt. An uns ging das alles mehr oder weniger vorbei. Die Nachwuchsabteilung war vom Wechsel VfB/Lok relativ wenig betroffen.

Vom VfB/1. Lok ging es damals in die Jugend von Werder Bremen, danach zum FC Sachsen Leipzig. Dort startete deine Karriere im Männerbereich. Wie war diese Umstellung für dich persönlich?

Ich bin ja auch mit dem FC Sachsen in die Insolvenz gegangen. In der Regionalliga 2008/2009 waren wir nur ein gutes Oberliga-Team. Ich hab damals in der A-Jugend-Regionalliga zahlreiche Tore gemacht und dann in der Rückrunde die Chance bekommen, Regionalliga bei den Männern zu spielen. Die erste Partie in Kiel vor etwa 3.000 Zuschauern. Wir haben beim Tabellenführer damals einen Punkt geholt, ich als 17-Jähriger mit der „10“ - das war verrückt. Der Verein hat extrem auf mich gesetzt, ich bin meinem damaligen Trainer Dirk Heyne dafür extrem dankbar. Der Verein war aber tot. Die Erfahrung für mich war dagegen Gold wert.

Energie Cottbus und von 2010 bis 2015 RasenBallsport Leipzig waren die Stationen vor deiner Rückkehr zum FCL. Spürst du aufgrund dieser Vita und der schon großen Erfahrung im Profibereich einen besonderen Druck?

Ich merke, je älter man wird, desto abgeklärter wird man auch. Mit 18/19 hatte ich einen kleinen Hibbeligen, inzwischen nicht mehr. Ich spüre hier extremes Vertrauen. Bei RB konnte ich mich nicht so entfalten. Da war ich einer von vielen. Hier weiß ich, ich werde gebraucht. Ich bin nicht mehr so vermessen, dass ich Bundesligaprofi werden will. Ich will dafür hier was Nachhaltiges aufbauen. Diese Saison in der Oberliga zu spielen ist zwar schade, nächstes Jahr hätten wir aber dafür eine gute Regionalliga-Truppe. Mein letztes Spiel vor dem Wechsel war in Eisenach. Der Stadionsprecher sagte damals zur Halbzeit durch, dass Erfurt mit 1:0 gegen Lok führt. Ich dachte, das wäre ein Spaß gewesen. Noch eine Woche vorher hatte ich meinem Trainer gesagt, dass wir RB II in der Regionalliga abschießen werden.

Wie ist es für einen Kreativspieler wie dich, oftmals von vier, fünf Gegenspielern belagert zu werden? Beim 2:0-Sieg in Rudolstadt war das beispielsweise gut zu beobachten. Denkt man da nicht manchmal: „Lasst mir doch mal ein wenig Platz!“

Das fällt mir gar nicht auf. Aber wenn ich vier Gegenspieler binde, sind ja drei von uns frei. Das hat man auch in Rudolstadt gesehen: „Wata“ (Hiromu Watahiki/d.Red) konnte ganz gemütlich in den Strafraum laufen, einen kleinen Arschwackler machen und - als überragender Fußballer - vollenden. Die Fans sagen immer, ich soll mehr schießen: Aber ich bin eher der Vorbereiter, sehe den Nebenmann.

Was ist das Geheimnis der Mannschaft? Sieg in Unterzahl gegen Erfurt II, ein mehr als unglücklicher Ausgleich in Plauen, die Verletzung von Daniel Becker, die lange Sperre von Julien Latendresse-Levesque. Wie kommt es, dass das Team all diese Dinge einfach wegsteckt?

Das ist einfach unsere Qualität. Wir haben in den entscheidenden Momenten die individuelle Klasse. Wir verstehen uns in der Kabine richtig gut, haben Spaß auf dem Trainingsplatz, auch wenn es manchmal knallt. Das gehört aber dazu.

Gegen Markranstädt hast du aus 40 Metern getroffen. War der erste Treffer ein besonderes Erlebnis? Hast du schon einmal im Bruno-Plache-Stadion ein Tor erzielt?

Beim Ausscheidungsturnier vom Danone-Cup haben wir damals das Finale im Stadion gespielt, da habe ich auch getroffen. Sonst waren wir im Nachwuchs immer auf den anderen Plätzen unterwegs. Dort habe ich übrigens auch mal auf Kleinfeld gegen Markranstädt von der Mittellinie getroffen. Den aktuellen Torhüter von Markranstädt (Marc Hübner/d.Red) kannte ich noch von RB. Es freut mich, dass ich ihn ein wenig sticheln konnte. Die Markranstädter haben ja ein großes Selbstbewusstsein, hatten auch letztes Jahr geprahlt, dass sie sicher aufsteigen werden ...

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