Tom Franke Foto: Elke Bahrdt

Verein, Top3, Top7 | Dienstag, 17. März 2015

"Die Premieren-Saison war einmalig“

BRUNO-Interview mit Geschäftsführer Tom Franke

Seit 1988 ist Tom Franke im Verein, durchlief die Nachwuchs-Teams vom 1. FC Lok/VfB Leipzig. Für die erste und zweite Mannschaft bestritt er insgesamt 106 Spiele und schoss den ersten Treffer des neuen FCL im Juli 2004. Außerdem ist er seit 17 Jahren Nachwuchstrainer im Verein. In der vergangenen Ausgabe des Stadionheftes BRUNO gab der Geschäftsführer des 1. FC Lok einen Einblick in seinen Alltag.

Herr Franke, in Deutschland geht die Grippe um. Wurden Sie verschont, oder haben sie es bereits hinter sich?

Dieses Jahr ist die Grippewelle zum Glück an mir vorbeigegangen. Jedoch war meine gesamte Familie einige Tage komplett außer Gefecht gesetzt und auch der ein oder andere Spieler meiner U17-Mannschaft musste phasenweise passen. Ich kann es mir aktuell jedoch gar nicht leisten krank zu sein. In der Organisation des Vereins gibt es jeden Tag viel zu tun und die Personaldecke ist leider nach wie vor sehr dünn.

Es gibt hartnäckige Gerüchte, dass sich der Vollblutsportler Tom Franke auf der Geschäftsstelle vor allem von Cola und Keksen ernährt. Ist da was dran, oder sind das alles nur Lügen?

Auch wenn die Vorbildwirkung gegenüber meiner Mannschaft damit dahin sein dürfte, ich kann diesen Gerüchten leider nicht widersprechen.

Sie sind eine historische Figur beim 1. FC Lok. In der Saison nach der Neugründung 2004/2005 waren Sie Teil des Teams und erzielten 14 Saisontore. Am 21. Juli 2004 schossen Sie in der 69. Minute bei der 2:5-Test-Niederlage vor 1.000 Zuschauern in Eutritzsch den ersten Treffer der neuen Probstheidaer Mannschaft. Wie war das und wie war für Sie diese verrückte Saison insgesamt?

Ich glaube, dass diese Premieren-Saison damals für alle Beteiligten etwas ganz Besonderes war. Sie war einmalig und wird so schnell nicht wieder kommen. Im schnelllebigen Saisonverlauf gingen dabei manche Sachen sicher einfach unter, ein Höhepunkt folgte schließlich dem nächsten. Aber heute, mit etwas Abstand sind die Erinnerungen sehr lebendig und verursachen immer noch Gänsehaut bei mir. Am emotionalsten war für mich das Einlaufen zum ersten Pflichtspiel gegen Böhlitz-Ehrenberg – über 5.000 Fans, verspäteter Beginn, Flutlicht, Nieselregen, das Bruno in ein rotes Flammenmeer getaucht, AC/DC aus den Boxen. Sehr präsent ist mir auch noch ein verlorenes Laufduell gegen Arne Friedrich im Freundschaftsspiel gegen Hertha BSC. Auf einmal war er zehn Meter vor mir. Das werde ich sicher nie vergessen. Für das erste Tor beim Test in Eutritzsch muss ich mich, wenn ich mich recht entsinne, bei Uwe Trommer bedanken, der mir den Ball damals sensationell aufgelegt hat. Und so viele Tore habe ich in meiner aktiven Zeit mit Links dann auch nicht geschossen. (lacht)

In den 1990er-Jahren durchliefen Sie beim VfB Leipzig alle Jugend-Mannschaften. Eine schöne Zeit im Rückblick? Wie erlebten Sie persönlich den Niedergang des VfB?

Das ist alles verdammt lang her. Mit sieben Jahren bin ich zusammen mit einem Schulfreund zum VfB gekommen. Mein erster Trainer war damals glaube ich Achim Künzel, wir haben noch im Keller der Tribüne geduscht und auf dem jetzigen "Schrottplatz" Fußballtennis gespielt. Auf dem Kleinfeld waren wir außerordentlich dominant und haben einige zweistellige Siege feiern können.

Mit dem Übergang aufs Großfeld gab es schließlich eine Änderung des Stichtags vom 1. Juli auf den 1. Januar, so dass ich dann leider oft körperliche Nachtteile als „Spätgeborener“ hatte. Meine Einsatzzeiten wurden in der Folge immer kürzer. Allerdings war das für mich okay. Wir sind jedes Jahr ins Trainingslager gefahren, haben regelmäßig an internationalen Turnieren im Ausland teilgenommen und ich konnte eine ganze Menge fußballtheoretische Dinge von meinem Trainer Dr. Bernd Kirsche lernen. Insgesamt war es eine schöne Zeit, die ich nicht missen möchte. Die beiden Insolvenzen des VfB habe ich damals als aktiver Nachwuchstrainer erlebt. Es wurden viele Phrasen gedroschen, es gab kaum klare Aussagen von oben und schnell zeigte sich, wem es um den Verein und wem es um seinen persönlichen Geldbeutel ging.

Wie gelangte der Fußballer Tom Franke in die Geschäftsstelle des 1. FC Lok?

Im Regelfall durch die Eingangstür … (lacht) Ich bin seit 1998 als Nachwuchstrainer im Verein aktiv, so dass ich seitdem teilweise in die Organisation der Abteilung involviert war. Beim Neustart des 1. FC Lok im Jahr 2003 ging es ja in erster Linie um die Sicherung des Nachwuchsspielbetriebes, so dass ich auch schnell in diese Gespräche seitens der neuen Vereinsführung eingebunden war. In der Premieren- Saison 2004/2005 habe ich darüber hinaus oft die Interessen der Herrenmannschaft gegenüber dem neuen Vorstand vertreten.

Gleichzeitig war ich während meines Studiums auf der Geschäftsstelle als Praktikant aktiv. Beworben hatte ich mich mit Abschluss meines Studiums dann eigentlich als Geschäftsführer der damals neuen Marketing & Merchandising GmbH. Hier hatte sich der Verein jedoch für einen anderen Kandidaten entschieden, so dass ich nach Absprache mit dem Vorstand die Betreuung des Mitgliederbereichs im Verein übernahm.

Seit Mai 2013 sind Sie nun Geschäftsführer. Sicherlich sind das Arbeitsvolumen und die Verantwortung jetzt noch größer geworden.

In der Tat. Aber ich habe einige tolle Mitarbeiter auf der Geschäftsstelle an meiner Seite, denen ich voll vertraue und ohne die gar nichts laufen würde. Viele Themen habe ich jedoch auch schon vorher bearbeitet, allerdings ohne die entsprechende Außenvertretungsbefugnisse.

Wie sieht die typische Woche von Geschäftsführer Tom Franke aus?

Ich bringe jeden Morgen meine Kinder mit dem Rad in den Kindergarten und fahre dann ins Büro. Im Tagesverlauf fallen dann die üblichen und wiederkehrenden Aufgaben an. Mit meinen Mitarbeitern versuche ich darüber hinaus in enger Abstimmung mit Präsidium, Aufsichtsrat, Bau- und Wirtschaftsbeirat die vielen Probleme und Baustellen im Verein nach und nach zu lösen. Das heißt vor allem viele persönliche Gespräche, zahlreiche Telefonate und ohne Ende E-Mails. Am späten Abend absolviere ich dann mit meiner U17 das obligatorische Training und verbringe in der Regel anschließend noch ein paar Stunden im Büro. Je nach Spielplan betreue ich am Wochenende die U17, schaue mir Spiele unserer anderen Nach- wuchsmannschaften an oder bin im Zusammenhang mit den Spielen unserer 1. Herrenmannschaft aktiv. Die wenige freie Zeit versuche ich mit meiner Familie zu verbringen.

Täglich steht der 1. FC Lok vor großen Herausforderungen. Die Konsolidierung hat dabei die höchste Priorität. Wie läuft es?

Hier möchte ich unseren Finanzvorstand Jens Kesseler zitieren: "Wir haben die Probleme zwar noch nicht gelöst, aber unter Kontrolle." Einen großen Dank an dieser Stelle auch an René Krüger von der Kanzlei Brinkmann & Partner, der uns immer wieder sehr pragmatisch mit Rat und Tat zur Seite steht.

Was uns natürlich alle brennend interessiert: Wie sieht es um das Lok-Logo und die Stadion-Frage aus?

In der Logo-Frage steht eine Entscheidung des Deutschen Patent- und Markenamtes in diesen Tagen aus. Wie diese Entscheidung ausfällt, lässt sich nur schwer einschätzen. Beim Stadion gehe ich persönlich nach wie vor davon aus, dass wir hier bis zum 30. Juni 2015 eine finale Lösung hinbekommen werden. Die entsprechenden Gespräche laufen.

Sie sind Geschäftsführer, Familienvater und haben noch eine weitere zeitraubende Tätigkeit: Jugendtrainer beim 1. FC Lok. Wie machen Sie das?

Ich bin nunmehr seit knapp 17 Jahren durchgängig als Nachwuchstrainer im Verein aktiv und habe in dieser Zeit zahlreiche knifflige Situationen erlebt. Mit der Geburt meiner beiden Söhne haben sich allerdings die Prämissen verschoben, so dass ich heute viele Dinge gelassener sehe.

Ohne eine entsprechende Planung läuft jedoch heute gar nichts mehr. Zunächst gilt es alle wichtigen Termine und Verpflichtungen, insbesondere familiäre, aufeinander abzustimmen. Hier stärkt mir meine Frau jedoch massiv den Rücken und unsere beiden Jungs verbringen viel Zeit im Bruno-Plache-Stadion. Auch auf meinen Co-Trainer bei der U17 kann ich mich im Zweifel voll verlassen. Wenn ich kurzfristig anderweitige Termine wahrnehmen muss, stimme ich mich mit Matthias Wittschier entsprechend ab und dann läuft das ebenfalls ohne Probleme. Zum Trainergeschäft bin ich im Übrigen über meinen ehemaligen Jugendtrainer Dr. Bernd Kirsche gekommen, der mich nicht lange davon überzeugen musste. Schnell habe ich die obligatorischen Lizenzen erlangt und mich immer intensiver mit den sportartspezifischen Fragestellungen auseinander gesetzt. Mit ein Grund warum ich schließlich Sport studiert habe. Aktuell betreue ich die U17 des Vereins, die vor wenigen Wochen bei der Futsal-Meisterschaft des SFV den Landesmeistertitel verteidigen konnte. Auch in der Liga haben wir uns in den letzten Punktspielen stabilisiert und ich hoffe, dass wir noch ein paar Plätze in der Tabelle nach oben rutschen können.

Im Schnitt wende ich neben meinen Aufgaben als Geschäftsführer noch einmal rund 80 Stunden im Monat für Training, Wettkämpfe, Videoanalysen, Spielbeobachtungen, Eltern- und Spielergespräche sowie die Pflege der Mannschaftshomepage auf.

 
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