Verein, Top3, Top7 | Sonntag, 16. April 2017

"Die gesamte Woche vorm Derby war krass"

BRUNO-Interview mit Steffen Fritzsch

Aus dem Stadionheft BRUNO vom 13. April gegen den VfB Auerbach:

Der defensive Mittelfeldmann Steffen Fritzsch kam 2002 damals zum Nachwuchs des VfB und gab sein Oberliga-Debüt in der Saison 2009/2010, seit 2015 ist er zurück in Probstheida. Im BRUNO-Interview spricht der 26-Jährige über seine Anfänge in Gerichshain, die Zeit in Sandersdorf und natürlich über seinen Platzverweis beim Derbysieg in Leutzsch.

Aktuell macht es doch sicher Spaß, beim 1. FC Lok zu spielen. Ihr spielt eine gute Rolle in der Regionalliga und habt dann auch noch das Pokalfinale vor der Nase …
Meiner Meinung nach läuft es besser, als gedacht. Eigentlich dachte ich, wir würden im unteren Mittelfeld rangieren. Aber schon zehn Spieltage vor Schluss hatten wir nichts mehr mit dem Abstieg zu tun. Und ein Pokalfinale hat Lok Leipzig ja auch lange nicht mehr gesehen. 

Wie kam der junge Steffen zum Fußball und schließlich in den Nachwuchs des VfB/1. FC Lok?
Mit dreieinhalb Jahren hab ich angefangen. Meine ganze Familie hat gespielt, mein Vater in der DDR-Liga, also der der zweithöchsten Spielklasse, bei der TSG Markkleeberg. Demzufolge habe ich dann auch Fußball gespielt. Der erste Verein war Eintracht Gerichshain, später in SV Tresenwald umbenannt. Beim Übergang von der E1 zur D2 hatte mich mein Trainer zum Sichtungstraining nach Abtnaundorf geschickt. Er hatte damals Verbindungen zum VfB.

Damals hätte ich auch zum FC Sachsen gehen können. Aber der VfB war einfach räumlich näher. 2002 bin ich offiziell gewechselt. Aber schon im April 2002 war ich mit einer Sondergenehmigung beim Finale des Danone Cups in Paris dabei. Wir damals Dritter geworden. Das war schon klasse.

Viel Spektakel in der 3. Kreisklasse, Lothar Matthäus, vier Aufstiege in Folge. Wie hast du diese Anfangszeit der "neuen Lok" erlebt?

Als es beim VfB 2004 zu Ende ging wurden viele Nachwuchsspieler vom FC Sachsen angeschrieben. An dem Tag als unsere Eltern beim FC Sachsen unterschrieben, saß ich mit anderen Spielern zusammen - Albrecht Brumme, Paul Stöbe und Marcus Brodkorb waren dabei – und wir haben gesagt, eigentlich wollen wir gar nicht weg, aber da war es zu spät. Ein halbes Jahr war ich dann dort. Doch ich hatte darauf einfach keinen Bock. Mein alter Trainer Marcel Neutsch hat mich schließlich angerufen und zurückgeholt. Ihm habe ich alles zu verdanken, er war der absolut beste Trainer und hat mich viele Jahre beim VfB/1. FC Lok begleitet. Als ich wieder da war, hab ich mitbekommen, dass da was entsteht. Natürlich habe ich gehofft, dass der Verein mit der ersten Mannschaft wieder schnell in andere Regionen kommt.

In der Oberliga-Saison 2009/10 hast du neun Partien bestritten. Damals ging noch "Fußballgott" René Heusel auf Torejagd, Ex-Profi Torsten Jülich war wieder in Probstheida angekommen und der junge Markus Krug spielte seine erste Saison. Wie war dein erstes Jahr bei den Männern?
Ich war in der A-Jugend stellvertretender Kapitän. Wieder hatte der FC Sachsen Interesse an mir, doch der 1. FC Lok hat mich vertraglich gebunden, auch für das erste Jahr im Männerbereich. Unter Trainer Jörg Seydler hab ich in der Saison nur zehn Minuten gespielt, als Uwe Trommer übernahm war ich fast immer dabei. Da habe ich zum ersten Mal mitbekommen, dass es im Fußball nicht immer nur um Leistung geht. Es war eine absolute Ehre für mich mit Torsten Jülich spielen zu dürfen. Ich treffe ihn auch heute manchmal noch auf der Straße. Super Typ! Es war auch eine lustige Truppe. Stephan Knoof, Alexander Kunert, Robert Sommer - es hat riesig Spaß gemacht.

2010 ging es für dich zum SV Naunhof und 2011 nach Sandersdorf. Mit der SG Union warst du dann auch gegen den 1. FC Lok aktiv. Wie waren diese Jahre "in der Fremde"?
Ich hatte ja bereits als Nachwuchsspieler diesen Vertrag unterschrieben und das erste Jahr Oberliga gespielt. Da war ich bestimmt der billigste Spieler. Ich sollte dann 2010 um drei Jahre verlängern und sollte eine Ausbildung bekommen. Ich hatte Abitur gemacht und wusste, dass ich kein Profi mehr werde. Dann bin ich dem Ruf vom früheren Lok-Trainer Rainer Lisiewicz gefolgt, weil er eine Ausbildung zum Versicherungskaufmann für mich organisierte. Mit ihm als Trainer bin ich dann nach Sandersdorf und wir sind dann sogar in die Oberliga aufgestiegen. Dort hatte ich auch zwei schwere Verletzungen: eine Schulter-OP und Mittelfußbruch. Trotzdem habe ich eine richtig schöne Zeit dort gehabt und super Leute kennengelernt. Gegen Lok zu spielen, war natürlich schon besonders für mich. 

Schließlich bist du 2015 ins Bruno-Plache-Stadion zurückgekehrt und gleich wurdest du mit der Mannschaft unbesiegt Oberliga-Meister. Was war der größte Unterschied im Vergleich zum Team 2009/2010?
Ich habe einen guten Kumpel, der Spielerberater ist, er hat das ins Rollen gebracht. Heiko Scholz hat dann auch ja gesagt zu mir. Es war deutlich professioneller geworden, als noch 2010 früher. Andere Anforderungen und viel höhere Trainingsumfänge. Ich musste mich ganz schön umstellen. Man passt sich dem höheren Niveau dann auch an. Ich habe auch sehr gute Freunde gewonnen. Zicke (Robert Zickert/.d.Red) ist inzwischen einer meiner besten Kumpels. 

Auch in der aktuellen Spielzeit läuft’s. Inwieweit hast du seit deiner Rückkehr noch einmal einen Entwicklungssprung gemacht?
Ich merke schon eine Entwicklung. Wenn du so gute Mitspieler hast, musst du dich strecken. Es war immer mein persönliches Ziel, vierte Liga zu spielen. Ich weiß auch, dass die Zeit begrenzt ist und genieße das alles. Spiele wie gegen den BFC oder bei Chemie muss man einfach aufsaugen. 

In der Mannschaft bist du einer der großen Lok-Fans. Beschreibe doch bitte mal deinen Tag des Derbysieges im November 2016 …
Die gesamte Woche vorm Derby war krass. Mit ein paar Unterbrechungen bin ich schon sehr lang im Verein. Ich habe viele Freunde und Bekannte, die Lok-Fans sind. Ich wusste, worum es geht. Krugi (Markus Krug/d.Red.) und ich wir haben den anderen in der Kabine erzählt, worum es bei diesem Derby überhaupt geht. Am Spieltag haben wir schon vorm Spiel gemerkt, was los ist. Zur Mannschaftsbesprechung kam der Einsatzleiter der Polizei rein und sagte: „Ihr fahrt dann mit Eskorte nach Leutzsch.“ Wir sind durchs Blaulicht problemlos durch die Stadt gekommen, einen halben Kilometer vorm Stadion mussten wir aber 15 Minuten warten und dann sind wir durch den Wald an Chemie-Fans vorbei gefahren. Es wurde gepöbelt und gespuckt. Spätestens dann hat jeder gemerkt, worum es geht. Es war auch das erste Mal, dass wir mit Kleinbussen zu einem Spiel gefahren sind.

Bei der Platzbegegnung haben wir festgestellt, dass es heute kein Fußballspiel wird. Meine Rote Karte war der Knackpunkt im Spiel, das sagte auch der Trainer. Danach wussten alle, wir müssen was tun, sonst verlieren wir das Ding. Beim Tor in der Verlängerung hat mich nichts mehr gehalten und ich bin einfach auf den Platz gerannt. Der Schiri hat gemeckert, ich sollte nach dem Platzverweis eigentlich das Stadion komplett verlassen. Die letzten Minuten hab ich mich dann einfach auf die Bank gesetzt. Nach dem Spiel hatte ich 250 Nachrichten auf meinem Telefon. Wir waren vollkommen kaputt danach, hätte mir aber trotzdem etwas mehr Stimmung bei uns gewünscht. Der Empfang in Probstheida war schon beeindruckend. Dieser Sieg wurde mehr gefeiert als der Aufstieg. 

Was machst du außerhalb des Platzes?
Ich habe mit einem Geschäftspartner seit 2013 eine Firma im Versicherungsbereich, also meinem erlernten Beruf. Ich bin jeden Tag von 8 bis 16:30 Uhr auf Arbeit. Dieser Ausgleich hilft mir aber auch, alles etwas gelassener zu sehen. Ich habe diesen Druck im Fußball nicht mehr. Wie etwa beim BFC, das sind Profis und wir gehen 40, 50 Stunden arbeiten. Dann gewinnen wir in Unterzahl. Das ist für uns der besondere Anreiz gegen solche Mannschaften. Und wir müssen uns fast jede Woche mit Profiteams messen.

 
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