DER STERN SOLL AUFS LOK-TRIKOT
Lückenschluss in der Leipziger Fußballhistorie
Beim Deutschen Fußball-Bund liegt derzeit ein Brief, in dem ein Anliegen beschrieben ist, was der Mitgliederversammlung des 1. FC Lok am 9. Dezember zur Abstimmung vorgelegt wird. Worum geht es? Was für fast alle FCL-Fans sowieso klar ist, soll nun offiziell werden: Die Fusion des 1. FC Lok mit dem VfB Leipzig. Nach seiner Vereinssatzung sieht sich der Verein in der Tradition des Ersten Deutschen Meisters und könnte es dann auch formal sein. In der Endkonsequenz würde durch die Meisterschaften 1903, 1906 und 1913 ein Meisterstern auf die Lok-Trikots wandern.
Im vom VfB 1922 gebauten Stadion in Probstheida ist der 1. FC Lok noch immer beheimatet. Auch in den Wirrungen und Umbenennungen nach dem Zweiten Weltkrieg blieben die Bezüge eng. So spielte etwa Herbert Gabriel, Pokalsieger mit dem VfB Leipzig 1936, regelmäßig bei den Alten Herren des 1. FC Lok. Aktuell sind Physiotherapeut Uwe Zimmermann (seit 1989 im Verein) und Torwarttrainer Maik Kischko (u.a. Torwart in der Bundesliga-Saison 1993/94) zwei Beispiele für die gelebte Traditionslinie.
Eingereicht haben diesen Antrag für die Mitgliederversammlung beim FCL die beiden Mitglieder Dirk Sander und Jens P. Hirschmann. Der VfB-Insolvenzverwalter Friedbert Striewe, Lok-Präsident Jens Kesseler und Jens Peter Hirschmann beantworten die wichtigsten Fragen.
Wie ist es zu dieser Fusionsidee gekommen?
Jens Kesseler:
„VfB-Insolvenzverwalter Friedbert Striewe eröffnete uns in einer Präsidiumssitzung, dass er die Möglichkeit sieht, das Insolvenzverfahren nicht mit einer Löschung des VfB zu beenden sondern statt dessen mit einem Insolvenzplan – mit der Folge, die alte Traditionslinie zu retten, indem der entschuldete VfB und Lok verschmolzen werden. Die Idee stammt von Lok-Mitglied Dirk Sander, der das letzte noch verbliebene Mitglied des VfB Leipzig ist und einen eigenen kleinen Verein zur Pflege der Probstheidaer Fußballtradition gegründet hat. Ich war wie die anderen Präsidiumsmitglieder und Olaf Winkler sofort begeistert. ,Das machen wir!’ Ich habe mich dann mit Dirk Sander im Sommer zu einem ausführlichen Gespräch getroffen, um die Eckdaten abzustimmen. Ich persönlich finde die Vorstellung eines Meistersternes auf unserem Trikot absolut sensationell und es würde auch den Wert der Marke 1. FC Lok Leipzig wesentlich erhöhen.
Die Fans, Mitglieder und Spieler wären sehr stolz, da bin ich mir sicher und die historische Linie zwischen VfB und Lok wäre dadurch auch rechtlich wieder geschlossen. Toll!“
Jens P. Hirschmann:
„Im zweiten Abschnitt der Satzung unseres 1. FC Lok heißt es verkürzt: ,Der Verein versteht sich in der Tradition des mit Wirkung zum 11. Januar 1946 zwangsweise aufgelösten Vereins für Bewegungsspiele Leipzig, sowie des 1. FC Lokomotive Leipzig, der im Jahr 1991 in VfB Leipzig umbenannt wurde und aufgrund der Insolvenz des VfB Leipzig seinen Spielbetrieb zum 30. Juni 2004 einstellte.’
Doch erst wenn es uns gelingt, eine rechtliche Verbindung zum alten VfB herzustellen, können wir juristisch einwandfrei die Tradition und die Erfolge des VfB für uns beanspruchen. Dafür bietet sich nach über zwölf Jahren heute für den 1. FC Lok eine einmalige historische Chance.“
Wenn die Mitgliederversammlung dem Antrag zustimmt, welche Chancen hat ein offizieller Antrag?
Friedbert Striewe:
„Die Chancen für einen Insolvenzplan, mit dem die Existenz des VfB erhalten werden kann, schätze ich als sehr positiv ein. Bedingung ist, dass die Gläubiger besser behandelt werden als ohne Insolvenzplan. Ich habe vorgeschlagen, ihnen einen zusätzlichen Betrag in Höhe von 10.000,00 € anzubieten im Planentwurf.
Seitens der Verbände NOFV und SFV wird dieses Vorhaben unterstützt, eine offizielle Stellungnahme vom DFB auf unsere Anfrage steht noch aus. Die Tatsache, dass der SFV an die Presse gegangen ist, sehe ich als positives Zeichen.
Sobald wir vom DFB ein positives Signal haben, machen wir uns an die Arbeit.“
Was wäre der Ablauf bis schließlich ein Meisterstern auf dem Trikot des 1. FC Lok landet?
Jens Kesseler:
„Die Mitgliederversammlungen beider Vereine beschließen jeweils die Fusion von VfB und 1. FC Lok und beauftragen ihre Vorstände, Entsprechendes in die Wege zu leiten. Das Insolvenzverfahren VfB wird durch einen Insolvenzplan beendet. Der VfB existiert weiter. Schließlich wird die Fusion vollzogen, der 1. FC Lok wäre der Rechtsnachfolger des VfB Leipzig und damit der Weg frei für den 'Stern'.
Wenn dann unser offizieller Antrag positive beschieden wird – wir haben DFB und Sächsischen Fußballverband ja schon unterrichtet und erste positive Signale erhalten – lassen wir uns etwas einfallen, damit der „Stern“ einen würdigen Rahmen bekommt und unsere Trikots zieren kann.
Der Vorgang wird nach meiner Erfahrung wohl etwas dauern, aber vielleicht bekommen wir das bis zum Beginn der nächsten Spielzeit im nächsten Sommer 2017 hin.“