Wie ein Phönix aus der Asche
Die Geschichte dürfte einstweilen jeden Fußballinteressierten in und außerhalb Leipziger Grenzen erreicht haben. Im Hinterstübchen der damaligen Fan‐Kneipe „Treibhaus" schlossen sich Ende 2003 eine Hand voll Anhänger, angeführt vom damaligen VfB-Fanbeauftragten Steffen Kubald, zusammen, um einen eigenständigen Verein zu gründen - sie ließen den 1. FC Lokomotive Leipzig wieder auferstehen. Dessen Hauptaugenmerk eigentlich darin lag, im Falle aller Fälle den über 300 Kindern und Jugendlichen der deutschlandweit bekannten und geachteten Nachwuchsabteilung ein neues zu Hause zu geben. Damals dachten die Wenigsten an eine Löschung des VfB aus dem Vereinsregister. Alles kam anders. Das „Tafelsilber" der A‐ und B‐Jugend und weitere Talente lockte nach Saisonende 2003/04 jedoch die bessere, potentere Perspektive des neu gegründeten Nachwuchsleistungszentrums beim FC Sachsen.
Die Wiederauferstehung und ein Weltrekord
Als im Frühjahr 2004 allerdings der Trainerposten der ersten Männermannschaft Rainer Lisiewicz, seines Zeichens ehemaliger Lok-Akteur und gestandener Oberliga‐Trainer, zugeteilt wurde, ließ man erkennen, in ferner Zukunft auch im Herrenbereich gewisse sportliche Ziele anzustreben. Zunächst hieß es aber, kleine Brötchen zu backen. Gleich zum ersten Pflichtspiel des „neuen" 1. FC Lok, der ersten Runde im Leipziger Stadtpokal gegen Böhlitz-Ehrenberg, pilgerten an einem Freitagabend unter Flutlicht weit mehr als 5.000 Fans in das Bruno-Plache-Stadion. Von dieser Euphorie angeschoben, folgte ein Schaulaufen in der untersten Liga des DFB, der 3.Kreisklasse. Die weiter ungeahnten Zuschauerströme, wie es sie sogar zu Zeiten der Zweitligazugehörigkeit nur selten gab, von bis zu 12.421 Stadiongängern wie beim Weltrekord-Spiel der untersten Liga im Zentralstadion gegen Eintracht Großdeuben II beschworen einen regelrechten Kult um den „aus Ruinen auferstandenen" 1. FC Lokomotive Leipzig.
Die Massen strömten zurück nach Probstheida. Auch, weil viele Helden von einst wie Henning Frenzel, Frank Baum oder Bernd Hobsch in Pflichtspielen noch einmal die Schuhe für „ihren" FCL schnürten. Zudem lief Rekordnationalspieler Lothar Matthäus im Halbfinale des Stadtpokals 2005 im Dress der Blau-Gelben auf. Seit der Neugründung säumten zehntausende Fans die Stadiontore, um Anteil an den Freundschaftsspielen und Fußballfesten gegen Werder Bremen, Bayer Leverkusen, Hertha BSC (Bundesliga), Athletic Bilbao (Primera Division) oder FC United of Manchester („Rebellenklub" aus England) zu haben. Den schnellen sportlichen Aufstieg weiter beschleunigen sollte 2005 eine Fusion zweier Torgauer Bezirksklasse‐Vertreter. Den frei gewordenen Platz in der 7. Liga sicherte sich der 1. FC Lok, half gleichzeitig dem Verein in Torgau mit einer „Starthilfe" von 48.000 Euro, und übersprang damit gleich drei Spielklassen auf einen Schlag.
Im Eilzugtempo zurück in die Oberliga
In den ersten drei Jahren des Bestehens errang der 1. FC Lok standesgemäß drei Staffelsiege in der 3. Kreisklasse, der Bezirksklasse und Bezirksliga. Nebenbei wurde die Lisiewicz‐Elf dem alten Ruf des Clubs, eine Pokalmannschaft zu sein, mit drei Pokalsiegen nacheinander (Stadtpokal 2005, Bezirkspokal 2006, Bezirkspokal 2007) erfolgreich gerecht. Nicht weniger hochdramatisch wie der Bezirksmeistertitel 2007 geriet die direkt folgende Saison in der Landesliga Sachsen. Dank der Vize-Landesmeisterschaft hinter Erzgebirge Aue II qualifizierten sich die Blau-Gelben für die Aufstiegsrelegation zur Oberliga. Dort stand das Duell gegen den mecklenburgischen Vertreter FC Schönberg an. In zwei spannenden Spielen (2:1-Auswärtssieg, 0:1 daheim) behielten die Leipziger die Oberhand. Der 1. FC Lok war im Eilzugtempo in die Oberliga zurückgekehrt. Als Aufsteiger lieferten sich das Team in der Spitzengruppe der NOFV Oberliga-Süd monatelang einen fast bis zum Ende packenden Kampf um die Meisterschaft. Ursprünglich sollte die junge Mannschaft in der Spielzeit 2008/09 lediglich so schnell wie möglich den Klassenerhalt sichern. Das war ihr bereits frühzeitig in beeindruckender Manier gelungen. Schließlich reichte es mit Platz drei nicht ganz für einen erneuten Aufstiegs-Coup.