Thomas Löwe im Foyer der Leipziger Volkszeitung

Verein, Top3, Top7 | Freitag, 21. Mai 2021

Thomas Löwe: „Lok wird schuldenfrei“

FCL-Präsident im Exklusivinterview mit Medienpartner LVZ

Ein Blick zurück, der Stand der Dinge und die Zukunftsaussichten – all das ist im Exklusivinterview von Lok-Präsident Thomas Löwe mit Medienpartner „Leipziger Volkszeitung“ (LVZ) nachzulesen. Eine wichtige und sehr erfreuliche Neuigkeit darin ist, dass Ehrenmitglied und ETL-Chef Franz-Josef Wernze sein Darlehen für die Spielbetriebs-GmbH in Höhe von drei Millionen Euro umwandeln möchte. Damit wäre der 1. FC Lok komplett - Verein und GmbH – schuldenfrei. Darüber entscheiden wird die Mitgliederversammlung des FCL am 19. Juni.


Es folgt das komplette LVZ-Interview:

Herr Löwe, wie ist Lok bislang durch die Pandemie gekommen?

"Erstaunlich gut. Unsere Profi-Elf hatte 2020 nur 12 statt 38 Spiele, zuletzt gab es von Ende Oktober bis Mitte Mai kein einziges Pflichtspiel. Aus sportlicher und Fan-Sicht blutet jedem von uns das Herz. Aber wir haben erfolgreich um die Fortsetzung des Profitums gekämpft. Die letzten Jahre haben wir genutzt, um uns wirtschaftlich solide aufzustellen. Wir haben dank einer hohen Zurückhaltung bei den Ausgaben und dank unserer Sponsoren, Mitglieder, Fans, Förderer, Partner und Spender die Pandemie bisher gut bewältigt, konnten sogar infrastrukturelle Projekte umsetzen."

Schauen Sie neidvoll auf die Regionalligen West und Südwest, wo die Saison erfolgreich gespielt wurde? Warum ist dies im Nordosten nicht gelungen?

"Dort wurde erst die finanzielle Situation geklärt und dann gespielt. Das hätten wir uns auch hier mit den verschiedenen Bundesländern gewünscht. Noch besser wäre eine bundesweit einheitliche Verfahrensweise gewesen, dass also die vierte Liga in die Coronahilfe Profisport aufgenommen worden wäre. Die Bundespolitik und der DFB haben sich leider nur für die erste bis dritte Liga interessiert. Das Interesse für die Vereine darunter war leider gering. Wäre die Saison bei uns ohne Zuschauer weitergegangen, hätten wir ohne zusätzliche Einnahmen den Betrieb hochfahren müssen. Das wäre ein finanzielles Abenteuer geworden. Da es zum Beispiel in Nordrhein-Westfalen für die Regionalliga eine zweistellige Millionenförderung aus Steuergeldern gab, existiert auch jetzt im Ringen um Top-Spieler eine Wettbewerbsverzerrung."

Liga vier ist keine reine Profi-Liga. Wie definieren Sie Profitum?

"Das Entscheidende ist, dass wir mehrmals am Tag trainieren können, dass der Trainer und nicht der Feierabend der Spieler den Trainingsbeginn festlegt, dass die Jungs Zeit haben für die Pflege ihres Körpers. Da wir keine Feierabendfußballer haben, besitzen wir einen ganz anderen Zugang zum Spielermarkt. 2016/17 sind viele Profis nur deshalb nicht zu uns gekommen, weil das Training erst 17 Uhr anfing. Die meisten unserer Profis streben die 3. Liga an. Sie haben aber auch eine abgeschlossene Ausbildung, ein Studium oder Fernstudium – sie denken also an die Zeit nach dem Sport."

Bei Lok sah die Situation vor einem Jahr nicht rosig aus: Die Mannschaft verpasste um ein Tor die 3. Liga, ETL war nach fünf Jahren nicht mehr Hauptsponsor. Wie ist der Verein mit der Situation umgegangen?

"Das war ein sehr harter Einschnitt. Der Etat der ersten Mannschaft betrug nur noch ein Drittel gegenüber der Saison 2018/19 – dennoch haben wir mit unseren vielen Unterstützern erfolgreich um die Fortsetzung des Profitums gekämpft. Dabei war Almedin Civa für uns ein Riesengewinn. Nicht nur als Trainer und Sportdirektor. Sondern als einer, der mit Geld hervorragend umgehen kann. Er hat Profis weggeschickt, wenn die Gehaltsvorstellungen um 200 Euro auseinander lagen. Das für Spieler vorhandene Budget verteilt er sehr fair."

Was bleibt von dem ETL-Engagement? Gab es nach dem Ende des ETL-Sponsorings eine weitere Zusammenarbeit mit Franz-Josef Wernze?

"Wenn wir die beratende und finanzielle Unterstützung von Herrn Wernze und der ETL-Familie nicht gehabt hätten, stünden wir heute wirtschaftlich nicht da, wo wir stehen. Er hat den Verein von 2015 bis 2018 mit über 700 000 Euro Darlehen unterstützt, die er 2019 in eine Spende umgewandelt hatte. Mit dem Geld konnten wir unser Gelände in unser wirtschaftliches Eigentum zurückholen und unser Vereinslogo zurückkaufen. Die geklärten Erbbauverhältnisse gaben uns ab 2015 die Möglichkeit, Fördermittel zu generieren, für die Sanierung der Trainingshalle, den Neubau des Kunstrasenplatzes, dem Sanierungsstart unserer Tribüne und weiterer Projekte. Mit dem Neubau der Zisternen -und Versickerungsanlage steht das nächste Millionenprojekt an. Jeder Euro, der heute ins Bruno investiert wird, ist einer für Lok. Franz-Josef Wernze hat den Grundstein für Millioneninvestitionen gelegt, deshalb wurde er von unseren Mitgliedern zum Ehrenmitglied gewählt. Aktuell bereiten wir mit Herrn Wernze eine Kapitalerhöhung in der Spielbetriebs-GmbH vor, um diese dauerhaft zu entschulden. Da geht es um drei Millionen Euro, die aktuell als Darlehen in den Büchern stehen und die wir auf diesem Wege in eine Kapitalrücklage umwandeln wollen. Dafür wird er Minderheitsgesellschafter.

Der Verein wäre also nicht mehr alleiniger Eigentümer der GmbH?

"Das stimmt. Herr Wernze wird als Privatperson 35 Prozent übernehmen. Das tut er als Ehrenmitglied, Freund und Partner von Lok."

Wer entscheidet darüber?

"Das letzte Wort haben bei Lok immer die Mitglieder. Ich hoffe sehr, dass unsere Mitgliederversammlung dem zustimmt, dann wären sowohl unser Verein als auch die GmbH fast komplett schuldenfrei. Es gibt kein Loch, das gestopft werden müsste. Jeder Euro, der von Sponsoren kommt, ist ein Euro für die Gegenwart und Zukunft des Vereins. Das ist eine riesige Chance mit Blick auf neue Investitionen. Präsidium, Aufsichtsrat und Geschäftsführung haben dieser Lösung bereits zu 100 Prozent zugestimmt."

Sehen Sie bei einem solchen Modell andere Vereine als Vorbild?

"Nein, das ist unser blau-gelber Weg. Der große Unterschied zu anderen Investoren im Fußball ist: Herr Wernze ist bei Lok kein Unbekannter, sondern unser Freund und Ehrenmitglied, der sechs Jahre lang schon viel in den Club investiert hat. Für uns ist er d e r Steuerberater der Nation. Wir haben ihn sehr gern als Privatperson im Boot und als Minderheitengesellschafter an unserer Seite. Er ist kein Investor, der aus dem Verein Geld herausholen will. Er unterstützt uns nach Kräften, ist aber keiner, der uns in unsere Entscheidungen hinein vorwerkt."

Herr Wernze unterstützt ja traditionell Viktoria Köln, kam über die Vermittlung Ihres Ex-Trainers Heiko Scholz zu Lok. Wie ist ein solches Vertrauensverhältnis zu dem jahrelangen Sponsor entstanden?

"Er hat uns in Köln immer als seine Freunde von der Lokomotive aus Leipzig vorgestellt. Ich glaube, entscheidend ist die Wertschätzung, die er nicht nur durch uns Verantwortliche, sondern durch unsere Mitglieder und Zuschauer erfahren hat. Eine solche Wertschätzung der Fanbasis kannte er bislang in dieser Form nicht. Er hat sich bei uns immer pudelwohl gefühlt. Er hat sein Engagement stets als Hilfe zur Selbsthilfe gesehen. Wir haben mit dem Geld Strukturen geschaffen und hatten die finanziellen Mittel, um Eigenanteile bei infrastrukturellen Projekten schultern zu können und Fördergelder zu bekommen. Es ging nie darum, Löcher zu stopfen, die Unterstützung war immer projektbezogen. Er ist Visionär, hat auf unserer Gala im Felsenkeller von der 2. Liga gesprochen – zu unserer eigenen Überraschung. Von unserer 127-jährigen Geschichte war er stets beeindruckt. Ich erinnere mich sehr gern an unsere Ausstellung im Alten Rathaus, die der DFB Präsident im Beisein von Herrn Wernze eröffnet hatte."


Das Interview wurde durchgeführt von Frank Schober

 
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