Lokruf-Stimme Marko Hofmann (mi.) moderierte den Mitgliederabend mit den Gästen Martin Mieth (li.) und Jens Kesseler.

Verein, Top3, Top7 | Dienstag, 21. Februar 2017

„Mitglieder müssen mehr Mitglieder werben“

Fazit des Lok-Mitglieder-Abends // Interview mit Lok-Präsident Jens Kesseler

Am 10. Februar haben die Mitglieder des FCL exklusiv beim ersten Mitgliederabend des neuen Jahres Einblicke in die ­notwendigen Voraussetzungen für einen möglichen Drittliga-Aufstieg erhalten. Spielbetriebs GmbH-Geschäftsführer Martin Mieth und Vereinspräsident Jens Kesseler erläuterten vor über 70 anwesenden Mitgliedern, welche ­Herausforderungen noch ­anstehen. Im "Fahrplan 2020" hat die Vereinsführung den Aufstieg in die 3. Liga bis 2020 auf die Agenda gesetzt.

Zu Beginn ein Blick zurück: Was waren deine persönlichen Highlights im Jubiläumsjahr 2016?
"Das war natürlich neben dem 5:0 bei Askania Bernburg und dem damit geschafften Aufstieg in die Regionalliga definitiv das Derby gegen Chemie. Ich war ja im Fanblock von Lok. Die Spieler haben mich beim Abklatschen am Zaum nach dem Sieg erst auf den zweiten Blick erkannt. (lacht) Die Stimmung abends im Casino, wo Fans, Mannschaft, Trainer, Präsidium und Aufsichtsrat gemeinsam gefeiert und gesungen haben, das war sensationell und ich dachte dabei: 'Das macht Lok aus!' Da bekomme ich heute noch Gänsehaut."


„Es wird erforderlich sein, dass die sportlich Verantwortlichen auch andere Wege, wie ­z.B. über junge so­genannte hungrige Spieler, gehen müssen.“


Auch die Gala zum 50. im Felsen­keller war von einer einzigartigen Atmosphäre, wo so viele Legenden und Unterstützer aus vielen Jahren sehr stimmungsvoll und würdig mit unseren jetzigen Spielern und vielen Sponsoren und auch Fans unseren Verein gefeiert haben.

In der Vision - Fahrplan 2020 - des 1. FC Lok ist verankert, dass der größte Verein der Stadt ­2020 in die Drittklassigkeit zurückkehren will. Hand aufs Herz: Was glaubt Jens Kesseler ganz persönlich?
"Ich habe diesen machbaren Traum, dass Lok wieder im Profifußball ankommen wird. Ich bin ehrlich, klar wird das ein schwerer Weg. Und wenn wir 'erst' in der Saison 2020/21 aufsteigen, wäre es auch kein Beinbruch. Hoffnung gibt mir das stetig steigende Interesse an Lok Leipzig und die spürbare Anerkennung regional wie überregional für die harte Arbeit vieler ehren- und hauptamtlicher Mitarbeiter sowie das treue und leidenschaftliche Fan-Potential. Eben das, was den Fußball in einem Traditionsverein ausmacht."

Durch das Nadelöhr Relegation wird es sportlich schwer genug in die 3. Liga zu kommen. Was müsste sich denn am Etat der Mannschaft ändern im Vergleich zu jetzt?
"Ich denke schon, dass wir den Etat verdoppeln müssen, also deutlich über eine Million Euro. Aber mehr wird nach jetziger Einschätzung nicht drin sein. Dabei muss man wissen, dass in der vergangenen Saison die Drittliga-Vereine im Mittelfeld, Plätze sieben bis elf, circa 2,5 Millionen Euro allein für die Mannschaft ausgegeben haben. Die, die auf den Spitzenplätze und im letzten Drittel ins Ziel gekommen sind, haben etwa eine Million mehr dafür ausgegeben. Es ist also ersichtlich, dass mehr Geld nicht automatisch zum Erfolg führt. Es wird erforderlich sein, dass die sportlich Verantwortlichen auch andere Wege, wie z.B. über junge sogenannte hungrige Spieler, gehen müssen."


„Wir können im ­Präsidium nicht davon ausgehen, dass unser Hauptsponsor ETL allein die notwen­digen Mittel aufstocken wird.“


Was sind die größten Herausforderungen in Sachen wirtschaftlicher, infrastruktureller und personeller Anforderungen außerhalb des Platzes?
"Auf alle Fälle müssen wir mehr Top-Sponsoren gewinnen. Wir können im Präsidium nicht davon ausgehen, dass unser Hauptsponsor ETL allein die notwendigen Mittel aufstocken wird. Die Mischung aus drei Premium-Sponsoren neben vielen Sponsoren im Bereich um die 10.000 Euro wäre perfekt. Zum Stadion ist schon genug gesagt worden, es muss in nächster Zeit schon platzmäßig aufgestockt werden und wir benötigen in den nächsten zwei Jahren deutlich mehr hauptamtliche Mitarbeiter in allen Bereichen. Der Service im Stadion muss erhöht werden, um mehr Zuschauer anzuziehen. Was mir wirklich etwas Sorgen macht, ist die viel zu geringe Anzahl von Fans im Alter zwischen 16 bis 30 Jahren. Das ist eine strategisch absolut wichtige Komponente, hier müssen wir Lösungen finden, um in diesem Segment mehr Fans zu gewinnen. Auch die Bedingungen für den Nachwuchs müssen sorgsam bedacht werden, ein Kunstrasen im Freien ist nicht nur für unseren Nachwuchs sondern auch für die Erste wichtig."


“… unsere Fans, die ­ja auch oft Mitglied sind, müssen andere überzeugen, Spiele vom 1. FC Lok zu besuchen.“


Wo werden konkret helfende Hände gebraucht? Können sich Mitglieder und Fans einbringen?
"Unsere Mitglieder müssen mehr Mitglieder werben und unsere Fans, die ja auch oft Mitglied sind, müssen andere überzeugen, Spiele vom ­1. FC Lok zu besuchen. Ein durchschnittlicher Zuschauerschnitt von 4.500 in der nächsten oder übernächsten Saison wäre nicht nur finanziell ein Katalysator für Lok. Jeder, der den FCL liebt und dabei das Leitbild des Vereins lebt, ist ein großes Plus für uns."

Gibt es Gespräche mit anderen Vereinen? Etwa mitteldeutsche Klubs mit Drittliga-Erfahrung?
"Ich persönlich habe aus beruflichen Gründen den Präsidenten vom Halleschen FC kennengelernt, wir haben uns zum Essen verabredet. Da werde ich viele Fragen haben. Ich werde im Frühjahr die SG Großaspach besuchen und Willi Kronhardt möchte den Kontakt zum Management des SV Darmstadt herstellen, dort ist er Scout. Darmstadt hat auch einen interessanten Werdegang von der Drittklassigkeit in die Bundesliga hinter sich."


„Wichtig und ein tolles Zeichen wäre das Erreichen der angestrebten Mit­gliederzahl von 3.000 zum Ende des laufenden Jahres.“


Bis 2020 ist nicht mehr so viel Zeit. Gibt es einen Stufenplan? Wenn ja, was sind die nächsten Schritte?
"Ich habe im Frühjahr zum nächsten Strategie-Meeting des Präsidiums, Teilen des Aufsichtsrats und Teile der Geschäftsführung eingeladen, um die Ziele für 2017/18 abzustecken. Es gibt einen Stufenplan für die Jahre bis 2020. Auf alle Fälle müssen wir erreichen, dass der Klub (Verein und GmbH) ab 2018/19 ein ausgeglichenes wirtschaftliches Ergebnis hat. Dabei ist ein Eckpfeiler, das wir ­40 bis 45 Prozent der Ausgaben durch Sponsoring decken können, jetzt liegen wir da bei knapp unter 30 Prozent. Im März ist der nächste Nachwuchstag, auch dort müssen strategische Ziele als wichtige Basis besprochen werden. Wichtig und ein tolles Zeichen wäre das Erreichen der angestrebten Mitgliederzahl von 3.000 zum Ende des laufenden Jahres."

 
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